Mediendidaktik und Medienkritik: Über AOL

AOL bietet sich als Partner für Schulen an. Schüler sollen lernen, auf das Medienangebot zuzugreifen und darauf zu reagieren.
Die erste Frage: Gibt es einen nennenswerten Vorteil?
Nein. AOL bietet keine Inhalte, die nicht anderswo in Internet ebenso zu erhalten wären. Die Inhalte von AOL sind allerdings journalistisch so verkürzt, dass sie allenfalls eingesetzt werden können, um ebendiese journalistische Verkürzung zu thematisieren.
Die zweite Frage: AOL bietet aber auch zu einzelnen Themen Linklisten auf andere Angebote an. Ist das kein Vorteil ?
Das kann ein Vorteil sein. Im Sinn einer Medienerziehung sollten aber Schüler gerade dazu erzogen werden, fertig vorgekaute Nachrichten und Querverweise nicht als Fertiggericht zu konsumieren.
Die dritte Frage: AOL wirbt mit seinem ausgedehnten Chat. Können die Schülerinnen und Schüler mit AOL nicht in die Geheimnisse des Chats eingeführt werden?
Von den Inhalten der Chatterei ganz abgesehen sind mit dem Betreten eines AOL-Chatraums so viele Risiken verbunden, dass man davon Abstand nehmen sollte.
Risiko 1 ist die in AOL-Kreisen durchaus übliche primitive Anmache über "Telegramme" (das heißt persönliche Mitteilungen), die unseren Schülern zwar nicht unbekannt sein dürfte, die aber eventuell die Fortsetzung eines geregelten Unterrichts unmöglich macht.
Gleiches gilt für die massenhaft verschickten Mails mit eindeutig pornografischen Angeboten, die auf Seiten unserer Schüler zu unterbinden ziemlich unmöglich sein dürfte. Da es sich dabei auch um Kinderpornografie handelt, ist die Grenze zur ungesetzlichen Handlung schnell überschritten.
Aber EMail und Telegramme lassen sich doch sperren ?
Sicher lassen sich EMail und Telegramme sperren - und AOL lobt auch seine "Kindersicherung".
Aber:
AOL erlaubt nur ein völliges Blockieren von Mails oder eine völlige Freigabe. Filterregeln existieren nicht .
Und:
Wie will man EMail und Kontaktpflege in den Unterricht einbinden, wenn die EMail-Funktion völlig gesperrt wird ?
Das ganze Problem liegt daran, dass AOL nicht in der Lage  - oder nicht willens - ist, das Einscannen von ganzen Chatraum-Listen über Fremdprogramme zu verhindern, so dass man mit dem Betreten eines Chatraums bereits die Einwilligung gibt, mit sexuellen Angeboten überschüttet zu werden.
In Spitzenzeiten - bis Februar 1999 - konnten pro Stunde Aufenthalt in AOL 80 (!) Mails mit solchen Angeboten registriert werden.
Was heißt das für unseren Unterricht ?
Für EMail-Kontakt gibt es kostenlose EMail-Server, wie gmx, firemail, yahoomail, lycosmail, hotmail.
Und für Chat gibt es die IRC-Kanäle und einige offene Chat-Kanäle auf Webseiten. Die Schülerinnen und Schüler kennen sich da meist aus.
Was heißt das für unsere Aufsichtspflicht ?
Kurz und knapp: Sexangebote können auch beim besten Willen nicht mit dem Unterricht vereinbart werden.
 

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