Das Reisetagebuch meiner Großmutter |
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28./29.August 1937 | Im Osterzgebirge und der sächsischen Schweiz | ||||||||||||||||
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Obgleich der arme Peter in Messe machte passte es doch dem guten Vater mit der Arbeit und wir starteten zu Dritt. Der Himmel hatte ein Einsehen und liess nach viele Verregneten Tagen an diesem Sonnabend immer einmal die Sonne gucken. Als wir die geräuschvolle Stadt hinter uns hatten, hellte es sich völlig auf und wir übelten dem frohen Wochenende entgegen! Der Vater hatte einmal schwere Arbeitstage hinter sich und hatte gleich nach dem Mittagessen das Signal zum Aufbruch gegeben! Grimma Colditz hatten wir auf bekannter Strasse rasch erreicht und fuhren nun über Hartha nach Waldheim. Hier zeigte wir dem Dorlekind die hohe Zuchthausmauer und wandten uns rasch von dem schrecklichen Ort. Jetzt kamen wir in Manövergelände und in den Dörfern holte die Jugend ihre Einquartierung ein. Die Jungen trugen die Tournister und Stahlhelme. An den Türen standen die strahlenden Dorfschönen und hielten Ausschau nach ihren Soldaten. In Etzdorf war auf eine kleine Wiese ein kleines Biwak, aber wir rollten schnell vorüber. Schade, dass das Manöver nicht im Gange war. Wir hätten gern auch etwas gesehen, aber andererseits wären dann vielleicht auch die Strassen gesperrt. Die Landschaft wurde schon nett und hüglich und in der Ferne grüssten die Berge. Hinter Etzdorf zeigte ein Wegweiser nach Freiberg 21 km und wir schwenkten ein und sparten einen Umweg über Nossen. Die Strasse war gut und da wenig Verkehr : alles unser! | |||||||||||||||||
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Neu gestärkt fuhren wir kreuz und quer durch Freiberg, bis wir von
der Kanzlei des Herrn Rechtsanwalt Dr.Wagner in der Körnerstrasse und
vor dem Hause seiner Schwester in der Schlossstrasse gestanden hatten. Nun
kannten wir Freiberg! Ein nettes altes Städtchen, wie immer am Samstag
abend war auch hieer allerlei Verkehr.
Eine gute halbe Stunde war vergangen und hurtig fuhr uns unser guter Wagen nach Frauenstein zu. Es ging unbemerkt bergauf und hin und wieder kamen Wolken. Das Getreide stand noch auf Puppen, späterhil sogar auf dem Halm. Hinter Frauenstein an einer grossen Kreuzung geboten drei gewaltige Gendarmen "Halt". Papiere und Führerschein waren in Ordnung. Machen Sie einmal Licht! Oh Backe, natürlich die linke Lampe brannte trotz eines ordentlichen Schupses nicht und der arme Vati musste zurückstossen und neue Sicherungen einsetzen und schrauben pp. Zum Glück war er Daheim an der Korridortür nach den Sicherungen umgekehrt. Nach zehn Minuten angestrengter Arbeit ging den Scheinwerfer wunschgemäss und wir konnten weiter. Es war ja auch ½ 7 Uhr und wir wollten gern bei Tageslicht nach Altenberg kommen. Auch hatte es hier geregnet und die Wolken hingen tief. Wir waren also froh, dass wir entkamen, denn der gestrenge hätte uns nicht gelassen und wir hätten in Frauenstein nächtigen müssen, denn eine andere Strasse gab es nicht auf der wir hätten entkommen können. So rollten wir glücklich weiter und es ging sichtlich hinauf ins Gebirge. Die Nebelwolken zogen und wechselten ab mit Sonnenschein. Teilweise waren auch wir im Nebel, teilweise sahen wir die Täler voll davon. Es war sehr interessant anzusehen, dieses Spiel der Natur. Dazu wurde es herbstlich kalt und rauh und ich musste an frühere Fahrten durch die Eifel denken. Wald wechselte mit Feld und Wiesen ab. Das Getreide wurde immer kümmerlicher, das wäre etwas für die None gewesen. Die Strasse war wieder unser, es war erstaunlich wie menschenleer. Grosse Sösse Schneegitter lagen überall am Wege und gar zu gern würden wir im Winter einmal hier fahren, aber wird man es riskieren können?
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