Eine Kundgebung des neuen Reichskanzlers Ebert an die deutschen Bürger

Berlin, 9. November (WTB). Der neue Reichskanzler Ebert erläßt folgende Kundgebung an die deutschen Bürger

Mitbürger!

Der bisherige Reichskanzler Prinz Max von Baden hat mir unter Zustimmung der sämtlichen Staatssekretäre die Wahrnehmung der Geschäfte des Reichskanzlers übertragen. Ich bin im Begriff, die neue Regierung im Einvernehmen mit den Parteien zu bilden und werde über die Ergebnisse der Öffentlichkeit in Kürze berichten.

Die neue Regierung wird eine Volksregierung sein. Ihr Bestreben wird sein müssen, dem deutschen Volke den Frieden nächstens zu bringen und die Freiheit, die es errungen hat, zu befestigen.

Mitbürger!

Ich bitte Euch alle um Eure Unterstützung bei der schweren Arbeit, die unser harrt. Ihr wißt, wie schwer der Krieg die Ernährung des Volkes, die erste Voraussetzung des politischen Lebens, bedroht.

Die politische Umwälzung darf die Ernährung des Volkes nicht stören.

Es muß die erste Pflicht Aller in Stadt und Land bleiben, die Produktion von Nahrungsmitteln und ihre Zufuhr in die Städte nicht zu hindern, sondern zu fördern. Nahrungsmittelnot bedeutet Plünderung und Raub, somit Elend für alle. Die Ärmsten würden am schwersten leiden, die Industriearbeiter am sichersten getroffen werden. Wer sich an Nahrungsmitteln oder an sonstigen Bedarfsgegenständen oder an den für ihre Verteilung benötigten Verkehrsmitteln vergreift, versündigt sich aufs Schwerste an der Gesamtheit.

Mitbürger!

Ich bitte Euch dringend, verlaßt die Straßen, sorgt für Ruhe und Ordnung.

Berlin, 9. November 1918.

Der Reichskanzler: Ebert

Neue Badische Landeszeitung, Sonntag, 10. November 1918, MorgenAusgabe

 

 

Eine Kundgebung des neuen Reichskanzlers Ebert an die deutschen Bürger

9.11.1918

Neue Badische Landeszeitung, Sonntag, 10. November 1918, MorgenAusgabe

Stadtarchiv Mannheim


zurück zur Startseite
© Bühler 2000